Renaturierung Friedloser Kriesgrube 2012/2013
...eine
Maßnahme zur Erhaltung unserer Gewässer, des Fischbestands und der Natur
Ökologischer Zustand des Gewässers
Bei den vereinseigenen Gewässern „Friedloser Kiesgruben“ handelt es sich um zwei ehemalige Kiesgruben, eine kleine und eine größere, dicht an der Fulda gelegen. Die Wasserfläche beider Teiche beträgt etwa 4 ha. Es sind typische Kiesgruben mit unter Wasser steil abfallenden Böschungen, die in den achtziger Jahren stillgelegt wurden und die eine Wassertiefe von ca. 3 – 4 m haben. Der Verein hat sie in dieser Zeit erworben und ist sehr froh darüber, seitdem neben den gepachteten auch über eigene Angelgewässer zu verfügen.
Es ist allerdings auch typisch für derartige Kiesgruben in unserer Region, dass sie anfangs im Fischertrag durchaus produktiv sind, mit der Zeit aber „altern“. Es hat sich nämlich auf dem Grund der Gewässer mit der Zeit eine beträchtliche Schlammschicht aufgebaut, mit allen nachteiligen Wirkungen. So ist es nicht ausgeblieben, dass im Sommer der Sauerstoffgehalt manchmal so dramatisch abnahm, dass künstliche Belüftungsmaßnahmen erforderlich wurden, wollte man ein Fischsterben vermeiden. Dass bei solchen Gelegenheiten auch noch Algenblüten in Form von giftigen Blaualgen auftraten, verschlimmerte die Lage weiter. Was kann man gegen eine solche Entwicklung unternehmen, um eine Besserung herbeizuführen?
Lösungsmöglichkeiten
Eine naheliegende Möglichkeit ist sicher, einen „Umbau“ in Richtung natürlicher Gewässerstrukturen vorzunehmen, also Renaturierungsmaßnahmen so umzusetzen, dass die Gewässer in einen naturgemäßeren Zustand gebracht werden. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es zu zuallererst notwendig, im Bereich der steilen Uferböschungen Flachwasserzonen auszubilden, wie sie in natürlichen Seen und Teichen auch vorkommen. In derartigen Flachwasserbereichen kann sich dann durch Ansiedlung von Unter- und Überwasserpflanzen die typische Vegetation einer Schwimmblatt- und Röhrichtzone ausbilden, die für die Biologie eines solchen eutrophen Gewässers so wichtig ist. Eine derartige Teichrandvegetation sorgt über das pflanzliche Leben für den notwendigen Sauerstoffeintrag in das Gewässer. Diese Bereiche mit ihren verschiedenartigsten, zahllosen Kleinstlebewesen produzieren reichlich Fischnahrung und bilden zudem die Kinderstube vieler krautlaichender heimischer Fischarten. Abgesehen von diesen, für den Angler wichtigen Kriterien, sind Flachwasserzonen ebenso bedeutsam für Wasservögel, Amphibien, Sumpfpflanzen u.s.w., also für den Naturschutz ganz allgemein.
Das erstrebenswerte Ziel der angedachten Renaturierungsmaßnahmen musste also sein, den Zustand artenreicher, stabiler Seen mit der Bezeichnung „Hecht-Schlei-Klarwassersee“ zu erreichen. So hat es jedenfalls der Landschaftsplaner Dipl. Ing. Heinrich Wacker vom Rotenburger Planungsbüro formuliert, womit wir der tatsächlichen Realisierung näher kommen.
Der Vereinsvorstand hatte nämlich über den Naturschutzbeirat des Kreises in Erfahrung gebracht, dass nicht abgerufene Mittel aus der Naturschutz-Ausgleichsabgabe für den Bereich des Landkreises Hersfeld-Rotenburg noch zur Verfügung stehen. Es bestand also die Möglichkeit mit diesen Mitteln als Landeszuwendung, eine derartige Renaturierungsmaßnahme durchzuführen, wenn gewährleistet ist, dass sie Naturschutzzwecken dient. Es war die Chance, die es zu nutzen galt.
Planung und Genehmigung
Nach Beauftragung des o.g. Planungsbüros und nach mehreren Gesprächen und Ortsterminen mit der Naturschutzbehörde, der Wasserbehörde, der Gemeinde und weiteren Vertreterinnen und Vertretern des Fachbereichs Ländlicher Raum des Landkreises wurden die Antragsunterlagen erstellt. Mit Datum vom 11.10.2012 ist die wasserrechtliche Genehmigung erteilt worden, die auch die notwendige naturschutzrechtliche Genehmigung umfasst. Mit Bescheid vom 24.10. 2012 folgte dann die Bewilligung der Landesmittel.
Die Planung sah die Ausbildung von sechs Flachwasserzonen am fuldaseitigen Ufer des größeren Kiessees vor. Sie sollten durch Abtragung des Bodens im Uferbereich bis ca. 1 m unter Mittelwasser entstehen und zwar mit einer Gesamtfläche von etwa 4000 qm. Nach Abtrag des Oberbodens war dann vorgesehen, mit dem gewonnenen Erdmaterial langgestreckte Buhnen in den See hinauszuschieben. Von den entstehenden Buhnen sollten drei Stück begehbar sein ( Angelplätze ) und drei anschließend so zurückgebaut werden, dass im vorderen Bereich nicht begehbare Inseln ( Brutinseln) entstehen. Am nördlichen Ende des Grundstücks war in der Fulda, ergänzend, die Herstellung eines naturraumtypischen Flusskolks geplant. Dieser Kolk sollte sich durch versetzte Lenkungsbuhnen im Fluss und eine dadurch entstehende Wirbelströmung ausbilden.
Erschwerend für der Planung war die Tatsache, dass der Kiessee in naturschutzrechtlich relevanten Bereichen dreier verschiedener Schutzkategorien liegt. Der Planungsraum befindet sich einmal im Landschaftsschutzgebiet, zum anderen im FFH-Gebiet „ Auewiesen von Fulda, Rohrbach und Solz“ und darüber hinaus im Vogelschutzgebiet Mittleres Fuldatal, einem
wichtigen Überwinterungs- und Vermehrungsgebiet für Zugvogelarten, vorgesehen als zukünftiger Bestandteil des Netzes NATURA 2000. Eine besondere Bedeutung kam überdies dem Vorkommen des seltenen Ameisenbläulings (Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling) zu und seiner Wirtspflanze dem Großen Wiesenknopf, der auch auf dem vereinseigenen zu rekultivierenden Grundstück wächst und geschont werden musste.
Unser Planer und der Vereinsvorstand hatten also alle Hände voll zu tun, um diese Klippen zu umschiffen und eine nicht nur naturschutzverträgliche Planung zu erarbeiten, sondern darüber hinaus einen zusätzlichen Gewinn für die Natur zu erzielen, denn nur so waren Mittel aus der Ausgleichsabgabe zu rechtfertigen. Nicht zuletzt sollten auch die Interessen des Vereins gewahrt bleiben, und Vorteile für die Entwicklung unseres Fischbestandes im Blickfeld bleiben. Diese Ziele konnten einvernehmlich erreicht werden.
Die Gesamtkosten der Maßnahme wurden mit 103.338,- € einschließlich Planungskosten und Gebühren veranschlagt. Diese Summe wurde eingehalten und im Endergebnis mit 98.943,17 € leicht unterschritten. Der Anteil unseres Fischerei-Vereins betrug dabei lediglich 5% ( 4.947,16 € ).
Bauliche Umsetzung
Die baulichen Maßnahmen sollten außerhalb der Brutzeit durchgeführt werden. Daher wurden die Arbeiten nach Genehmigungserteilung sofort ausgeschrieben und nach Prüfung an die heimische Baufirma Helmut Beisheim, Bebra vergeben. Baubeginn war am 19.11.2012 und weil das Wetter es zuließ, konnten die Bauarbeiten im wesentlichen bereits am 20.12. 2012 abgeschlossen werden. Kleinere Restarbeiten (insbesondere Wegeinstandsetzungen) sind dann witterungsbedingt erst Anfang April durchgeführt worden. Die mängelfreie Endabnahme erfolgte am 24.04.2013.
Während der Bauausführung tauchte plötzlich ein unvorhergesehenes Problem auf. Das in den Flachwasserbereichen ausgebaggerte Erdreich verschwand beim beabsichtigten Aufbau der Buhnen im Kiessee. Die vorgesehen Buhnen bauten sich nur an zwei Stellen auf, vier geplante Buhnen versanken unter den Wasserspiegel, weil das Erdmaterial offenbar doch zu bindig war und der Schüttkegel unter Wasser in die Breite tendierte.
Es musste sofort umgeplant werden, um die Naturschutzziele auch unter diesen Umständen zu erreichen, sonst war die Finanzierung gefährdet. Die Planung wurde so geändert, dass auch unter den neuen Gegebenheiten drei abgetrennte Brutinseln entstanden. Die Bewilligungsbehörde war mit der Nachtragsplanung einverstanden und ein Änderungsbescheid wurde ausgestellt. Das Planungsziel ist anders aber mit gleicher Wirkung erreicht worden.
Eine Initialbepflanzung mit Schilfröhricht, Teichbinse, Gelber Teichrose, Rohrkolben usw. sowie eine Erstansaat in den Uferbereichen führte der Verein in Eigenregie auf Vorschlag des Planers im Mai aus, sodass die Gesamtmaßnahme nunmehr abgeschlossen ist.
Fazit
Am großen Friedloser Kiessee wurde eine öffentlich geförderte Renaturierungsmaßnahme vom Fischerei-Verein erfolgreich umgesetzt, die sowohl für den Naturschutz und für das Landschaftsbild, als auch für die fischereiliche Nutzung Vorteile mit sich bringen wird. Das die Buhnen teilweise nicht sichtbar sind, sondern sich nunmehr unter Wasser als Erhebungen bis dicht unter die Wasseroberfläche darstellen, ist für die Entwicklung des Fischbestandes keineswegs nachteilig. Auch nicht in Hinblick auf Naturschutzziele.
Hinsichtlich der weiteren Pflege der in Anspruch genommenen Grundstücksflächen besteht die Auflage, wegen der Bestände des großen Wiesenknopfs keine Mahd zwischen dem 15.06. und dem 15.09. durchzuführen. Das bereitet dem Verein keine besonderen Schwierigkeiten, da bisher zeitlich in ähnlicher Weise verfahren wurde.
Die Maßnahme ist umgesetzt und der Fischereiverein möchte sich bei allen bedanken, die mitgeholfen haben das Projekt zu verwirklichen. Da ist vor allem der Landkreis, Fachdienst Ländlicher Raum mit seinen Sachgebieten Förderung, Naturschutz sowie Wasser und Bodenschutz hervorzuheben, aber auch die Gemeinde Ludwigsau, das Planungsbüro für Landschaftsplanung und Gewässerrenaturierung Dipl.Ing. H.Wacker + Dipl.Ing. Bernd Eberhard sowie die Fa. Helmut Beisheim, Bebra. Nicht zuletzt sind natürlich auch alle fleißigen Helfer aus dem Fischereiverein selbst zu erwähnen, die bereit waren der Maßnahme zum verdienten Erfolg zu verhelfen.